Wohnen/Bauen

Die Gesprächsrunde zum Thema Bauen und Wohnen wurde von Jochen Hunger, vom Betreiberverein Makerspace, übernommen. Herr Hunger eröffnete das Gespräch mit einer Präsentation. Zwischen 1970-2021 lag das Hauptaugenmerk beim Bauen darauf, wie die Umwelt geschützt werden kann, z.B. im Hinblick auf Vermeidung von Giftstoffen wie Asbest. Heutzutage sollte das Hauptthema sein: Wie werden wir wieder Teil der Umwelt? Aspekte davon sind Landnutzung, Gesamt-Energiebilanz, individuelle Bedürfnisse in Bezug auf Wohnfläche und ein globaler Blick.

Foto: Harald Sippel

Die Diskussion begann mit der Fragestellung  “Wie soll gebaut werden?”: Hierzu zählt die eingangs genannte Aufstockung von bestehenden Häusern, z.B. in der Hartmannstrasse. Großer Vorteil davon ist, dass bestehende Bausubstanz weiter verwendet wird und keine neuen Fläche verwendet werden müssen. Das reduziert den Bauaufwand insofern, als dass keine neuen Flächen erschlossen und keine Fundamente erstellt werden müssen. Michael Krell von ‘elomaa’ stellte im Folgenden deren Idee vor: Sie wollen Erdschiffe, international als ‘earthships’ bekannt, bauen. Entwickelt wurde das Prinzip in den 1970er Jahren vom amerikanischen Architekten Michael Reynolds und bezeichnet Gebäude einer bestimmten Bauweise, die nur durch passive solare Wärmegewinnung und die Speicherung dieser geheizt oder durch natürliche Luftzirkulation gekühlt werden. Das Ziel ist dort gemeinschaftlich mit 80 Menschen zu wohnen. 20qm würden jedem Bewohner als privater Rückzugsraum dienen, der Rest wäre große Gemeinschaftsfläche. Konkret soll das Erdschiff ein Biosolarhaus mit Haus-im-Haus Konzept werden, das bedeutet, das Innenhaus ist mit Cellulose gedämmt und die äußere Hülle ist aus Glas.  Die Initiative sucht noch Mitstreiter. 


Anschließend stellte Ben Förtsch sein Creativhotel Louise in Erlangen vor.  Dieses ist ein nachhaltiges Hotel in dem alle seit 2016 verbauten Materialien zu 100% recycelbar sind. Ben vertritt den Grundsatz, dass eine Substanzänderung in aktuellen Gebäuden angestrebt und das Cradle to cradle-Prinzip angewendet werden sollte. Ein beispielhafter Baustoff, der diesem Prinzip entspricht, ist recycelbares Holz, welches nicht versiegelt ist. Weitere nachhaltige Baumaterialien seien zudem OSSB Faserplatten auf Basis von Stroh und Beton. Rolf Klug knüpfte an die Idee des gemeinschaftlichen Wohnens mit seiner Initiative ‘Wohnprojekt Raumteiler’ an. Deren Ziel ist es 25 nachhaltige Wohneinheiten aus Holz zu bauen, deren Raumgrößen und -aufteilungen an verschiedene Lebensphasen adaptierbar sein sollten. Es stellen sich bei Ihnen schon konkrete Fragen zum Bau: Massiv- oder Ständerbauweise? Holzwerkstoffe ohne Lacke und Leime? Ben Förtsch empfahl aus Sicht der Rohstoffeinsparung die Ständerbauweise und bot seine Expertise bei der Auswahl nachhaltiger Baumaterialien an, z.B. PET-Flaschen oder Strohwände zur Dämmung. Wolfgang Niclas erwähnte die Broschüre “Sanierungsprojekte in Mittelfranken”. Diese enthalte sehr gute praktische Beispiele für nachhaltige Sanierungen und zeige, dass schon viel passiere und auf dieses Know-How zurückgegriffen werden sollte.


Die zweite Diskussionsfrage, “Wie wollen wir wohnen?”, drehte sich um Vorstellungen zum zukünftigen (Zusammen-)Wohnen. Ein genereller Konsens in der Runde war, dass vorhandene Bausubstanz weiter benutzt und weniger abgerissen werden sollte. Vorhandene Bausubstanz sorge für vielfältige Häuser-Landschaften in der Stadt und biete auch einen interessanten Wohnkontrast im Vergleich zu Neubauten. Um das zu erreichen, sei mehr gemeinschaftliches Wohnen nötig, um den Flächenbedarf mit wachsender Einwohnerzahl nicht immer weiter zu erhöhen. Es gebe viele große Häuser in Erlangen, in denen nur 1 oder 2 Personen wohnen, zwei leerstehende Häuser in der Henkestraße sowie einen Leerstand von insgesamt circa 8000 Wohneinheiten in Erlangen laut Wolfgang Niclas, der sich dafür einsetzt, dass dies nicht so bleibt. Vorteile gemeinschaftlicher Nutzung seien unter anderem reduzierte Wohnflächen und  Ressourcenschonung.


Aus diesen Überlegungen heraus wurde versucht, die dritte Diskussionsfrage, “Was können wir dafür tun?”, zu beantworten. Claudia Schorcht formulierte darauf die Devise “Nie wieder abreißen!”, um die Wohnsubstanz und das Erscheinungsbild der Erlanger Altstadt zu erhalten. Außerdem sollte es Recycling-Baustoffhöfe und Re-Use Stationen für Baumaterialien geben. Michael Krell ergänzte, dass Energie für Bau und Wohnen  nur noch von der Sonne kommen sollte. Die Runde war sich einig, dass mehr Nachfrage nach nachhaltigem Wohnen den Trend vom Neubau in Richtung Sanierung verschieben werde. Eine Frage die sich hier stelle sei: “Wie bekommen visionäre Bauinitiativen mehr Unterstützung durch Verwaltung und Öffentlichkeit?”. Hilfreich sei, laut Katrin Simon, mehr Wissenstransfer anzustreben, welcher auch für mehr Akzeptanz alternativer Wohnformen und Baumaterialien sorgen werde. Ziel von Wolfgang Niclas ist es, ein inklusives Hotel in Erlangen zu eröffnen, in dem Behinderte arbeiten. Ben Förtsch könnte ihm helfen, dieses nachhaltig umzubauen.

Generell ergab sich aus der Diskussionsrunde, dass es super Ansätze gibt, diese müssen aber mehr umgesetzt und vor allem auch von der Stadt unterstützt und schlussendlich von den großen Bauunternehmen umgesetzt werden, um eine Skalierung zu erreichen. Hierfür seien auch noch die gesetzlichen Grundlagen unzureichend, laut Birgit Marenbach. Das Ziel, vorhandene Baustrukturen in der Stadt effizient zu nutzen, sei unter den bestehenden Rahmenbedingungen noch nicht gut umsetzbar. Man müsse in Diskussion mit den großen Bauunternehmen gehen und diese zu weniger Neubauten bewegen. Generell bemängelt die Runde, dass kein großes Bauunternehmen aus Erlangen  dabei war. Ein Ziel im Nachgang zur Klimakonferenz müsse sein, ins Gespräch mit der Stadt und den Bauunternehmen zu gehen.

Moderation

Jochen Hunger & Britta Speer